Hinter den Kulissen: Jahresrückblick 2023 (3)
- Kirsten Achtelstetter
- 17. Aug. 2024
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Sept. 2024
In der realen Welt, im "Hier und Jetzt", geht es auf dem Hof gerade in die Endphase der Vorbereitungen. Ab 01.09.24 sollt ihr endlich in der ersten Wohnung auf dem Hof Urlaub machen können! Wer weiterhin Interesse daran hat, zu erfahren, was alles nötig war, um dort hinzukommen, den lade ich jetzt auf eine Zeitreise in den Sommer 2023 ein, denn wir sind im 3. Quartal 2023 angekommen... Juli, August, September 2023.
Ursprünglich war Baufertigstellung für den 30. Juni 2023 geplant. Dass es dazu nicht kam, ist zumindest für diejenigen offensichtlich, die meinen Beitrag zum 2. Quartal gelesen haben, in dem es noch viel um Abriss ging!! Leider ist die Bausituation immer noch schwierig, der Fachkräftemangel ist offensichtlich und viele Unternehmen sind voll ausgelastet, was unweigerlich zu Verzögerungen führt. In meinem Fall sollte die Fertigstellung letztlich mehr als 13 Monate länger dauern als geplant; aber so ist das nun mal, vor allem, wenn man restauriert.
Die Küche kommt doch aber bald
Bei der Bauplanung müssen viele große Entscheidungen lange vor ihrer Umsetzung getroffen werden. Zum Beispiel wird die Küche geplant und oft auf Grund von langen Lieferzeiten schon Monate vorher bestellt. Was passiert also, wenn Baufortschritt mit den ursprünglichen Ausführungsplänen nicht Schritt hält, die Küche aber einen festen Lieferzeitraum hat? Wir denken um!
Statt einer gleichmäßigen Fertigstellung aller Räume - Abriss, Estrich, Fenster, Elektro, Sanitär, Dämmung, Putz, Innenausstattung etc. - priorisierten wir also den zentralen Raum im Haus, die Wohnküche, um die fristgerechte Installation der Küche gewährleisten zu können. Überhaupt nicht ideal, aber manchmal muss man Kompromisse machen und flexibel bleiben, um voranzukommen.
Während die restlichen Räume also weiterhin im Rohbau hinterherhinken, fokussieren wir alle Ressourcen auf die Wohnküche: Der Boden wird gedämmt, Fußbodenheizung verlegt, Estrich gegossen und hochgeheizt, damit er schneller trocknet und wir weiterarbeiten können. Der Fliesenleger kommt und verlegt Fliesen. Zusätzliche Dämmung kommt an die Außenwände, damit wir ein Haus haben, welches die Energie, die erzeugt wird, auch so lange wie möglich speichern kann - denn nur so können wir energieeffizient sein und der Wärmepumpe unnötige Arbeit (und damit Strom) sparen.
Es wird verputzt, der Klempner schließt das Wasser an, der Elektriker installiert die Steckdosen. Der Fensterbauer baut das neue Fenster und die Terrassentür ein. Alle geben sich die Klinke in die Hand und es herrscht reges Treiben auf der Baustelle. Und dann ist es so weit! Der Küchenbauer kommt und montiert die Küche.
Oder auch nicht.
Jedenfalls noch nicht.
Trotz der gewaltigen Anstrengung aller Beteiligten die Vorarbeiten fristgerecht fertigzustellen, beschließt der Küchenmonteur - leider ohne Rückspräche - die Küche einfach nicht zu montieren, fährt wieder los und möchte mir dafür dann auch noch eine Rechnung stellen. Das Gute an einem größeren Renovierungsprojekt ist, dass man die Anfänge als Generalprobe ansehen kann. Man findet seine Handwerker, die auch bei der nächsten Bauphase wieder dabei sein werden, und man findet eben die, die keine weiteren Aufträge bekommen werden. Ratet mal, wer einen neuen Küchenausstatter braucht!!
Nach ein wenig hin und her, einem freundlichen Brief von meinem Anwalt und ein paar Telefonaten mit dem Geschäftsführer war es dann aber doch im September letztlich noch so weit - die Küche war da! Die Küche mitten auf der Baustelle; aber wunderschön und genau so, wie ich sie im Kopf hatte, als ich Monate vorher meine ersten Entwürfe mit dem Küchendesigner teilte. Schade nur, dass die schöne Küche von so viel Drama begleitet werden musste.

17 Töne weiß und 73 Stoffmuster
Im Hintergrund läuft die Planung für das Design der Räume weiterhin auf Hochtouren; zwar sind die wichtigsten elementaren Entscheidungen getroffen (z.B. Küchenfronten, Beleuchtungsplan, Bodenbeläge), doch damit ist es noch lange nicht getan. Ich habe schon immer gerne renoviert und eingerichtet, aber seit meinem Innenarchitekturstudium sind meine Anforderungen an mich und die Räume, die ich entwerfe, nochmal gestiegen. Jedes Detail zählt.
In der Küche begann alles mit einem Foto, was ich irgendwann mal irgendwo in den Tiefen des Internets gefunden hatte. Ich wollte die hohen Decken im Gebäude nutzen, um maximalen Stauraum zu schaffen. Um gleichzeitig das Zimmer aber nicht zu sehr zu dominieren, habe ich die inneren Wandschränke zurückgesetzt und farblich anders gestaltet. Dadurch entsteht eine Art Rahmen, der die Küche optisch zurückweichen lässt.
Dass die Küche grün werden würde, stand schon ziemlich lange fest - hauptsächlich, weil ich schon seit Ewigkeiten mit grünen Küchen geliebäugelt hatte, aber natürlich auch, weil naturbezogene Farben und erdige Töne wunderbar in das Design Konzept "Moderner Bauernhof" passen! Leider war die Auswahl an passenden Küchenfronten eher eingeschränkt, weshalb der gute alte RAL Farbfächer her musste und die Küche somit ihren spezialangefertigten RAL 6003 Ton bekam.
Als nächstes stellte sich die Frage, wie die große Wand neben der Küche gestaltet werden soll. Es ist der erste Eindruck, den ihr als Gast bekommt, wenn ihr durch die Eingangstür kommt und demnach sollte etwas Außergewöhnliches her. Ich bin großer Fan von Tapeten und Fliesen, um Akzente zu setzen und Fokus zu kreieren und da ich die Fliesen bewusst dezent gehalten hatte, war klar, dass eine tolle Tapete her musste!
Inspiration ließ nicht lange auf sich warten und die Wahl fiel auf die Bird and Bluebell Tapete der kleinen englischen Firma Little Greene.

Demnach war jetzt also die Küche entworfen, die Fliesen ausgesucht und eine Tapete gefunden. Zur fertigen Gestaltung der "Hülle" fehlte jetzt also nur noch die Farbe für die Wände, die nicht tapeziert werden sollten - und natürlich auch für die Decke. Genauso wie ich Tapeten und Fliesen als Gestaltungselement liebe, habe ich eine tiefe Abneigung gegenüber weißen Decken (oder zumindest Decken, die weiß bleiben, weil nicht weiter darüber nachgedacht wurde). Weiß als Designelement, das die Gestaltung des restlichen Zimmers unterstreicht, ja klar. Aber weiß, nur weil man die Decke ja keine andere Farbe streichen kann? Bitte nicht!
Ich wollte in der Guten Stube immer mit Kalkfarbe arbeiten, auch wenn wir keinen Lehmputz verwendet hatten. Die Farbe ist nicht nur ökologisch äußerst hochwertig, sondern weist nach dem Auftragen mit einem Pinsel tolle wolkenartige Muster auf, die auf ganz subtile Weise dadurch mehr Tiefe und Struktur in die Wand (und Decke!) bringen. Jetzt hieß es also nur noch den richtigen Farbton zu finden, der die Farbe der Tapete aufnimmt und Kontinuität in das Design bringt. Niemand, der sich nicht näher mit Innenarchitektur und Design beschäftigt hat, kann nachvollziehen, wie viele Töne weiß es gibt und wie unterschiedlich diese wirken können. Weiß ist weiß, oder? Leider nein. Weiß kann zu gelb sein, zu grau, zu violett, zu grün, zu blau... Letztlich brauchte es 17 Farbmuster in weiß bis ich einen Ton gefunden hatte, der meiner Meinung nach mit der Tapete harmonierte.
Nächster Schritt - Möbel. Da ich in Möbelhäusern und Online Shops keine Polstermöbel finden konnte, die mir (a) gefielen, (b) von der Größe gepasst hätten oder (c) bezahlbar gewesen wären, war relativ schnell klar, dass Vintagestücke her mussten. Das macht die Suche anfangs einfacher, weil ich jetzt nur nach Stücken suche, die die richtige Größe haben und ungefähr passen könnten. Für den Rest braucht es dann "nur" neuen Stoff und einen entsprechend geschickten Polsterer.
Das heißt aber auch: die Qual der Wahl und schier endlose Stoffmuster. Ich weiß nicht genau, wie viele es letztlich waren, aber gefühlt kam jeden Tag eine Lieferung mit mehr Auswahl. Über einen Vintagehändler hatte ich online relativ schnell ein passendes Sofa (1970er Jahre aus Italien) und zwei Ohrensessel (1950er Jahre aus Frankreich) gefunden. Esszimmerstühle waren schon im Haus. Die hatte ich vom Vorbesitzer übernommen und sie sollten sich aufgrund ihrer hochwertigen Verarbeitung einen Platz in der neuen Wohnung verdienen.
Letztlich stellte ich drei verschiedene Polsterkonzepte zusammen. Alle waren in erdigen, relativ neutralen Tönen gehalten - einige frischer, andere dunkler. Die endgültige Entscheidung fiel tatsächlich erst im letzten Moment, als der Polsterer spontan noch einen anderen Stoff ins Gespräch brachte... was zeigt, dass Planung bei der Inneneinrichtung wichtig ist, und Spontaneität auch!
Ich erspare euch die vielen Stunden, die es gedauert hat, bis ich den Rest der Möbel und vor allem alle Lampen gefunden hatte (ich liebe Lampen und hasse sie zu gleich!), zumal diese Entscheidungen noch warten konnten und demnach nicht zu unserem 3. Quartal 2023 passen. Ich hoffe aber, dass ich euch einen Einblick geben konnte, wie viel Arbeit, Geduld, Ausdauer und Kleinstentscheidungen notwendig sind, um ein stimmiges Raumkonzept zu entwickeln. Ich habe sehr viel Freude daran, weshalb ich vor ein paar Jahren entschied, ein entsprechendes Studium abzuschließen, um meine Intuition mit der entsprechenden Theorie zu untermauern. Mittelfristig möchte ich meine Leistungen in diesem Bereich auch über die Hufe 9 hinaus anbieten. Das Konzept befindet sich noch in den Kinderschuhen, aber wenn ihr jetzt schon Interesse habt und gerne Unterstützung bei der Gestaltung eures Zuhauses (oder Büros!) hättet, meldet euch!
Immer noch Abriss?
Außerhalb meines Büros mit seinen Farbkarten und Stoffmustern ging es auch vor Ort fleißig voran - trotz Sommerhitze und Ferienzeit! Die Erdarbeiten für die Wärmepumpe waren zwar abgeschlossen, die Anschlüsse am Haus konnten aber erst erledigt werden, sobald wir die Reste der alten Veranda komplett abgerissen hatten. Hiermit hatten wir zwar im letzten Quartal schon angefangen, dann wurde aber schnell klar, dass größere Geräte her mussten. Denn unter den Fundamenten der Veranda versteckte sich eine weitere Treppe, und die war für unseren Stemmbohrer eine Nummer zu groß.
Schöner wäre es natürlich gewesen, wenn wir die Treppe hätten erhalten können - aber leider blockierte sie den einzigen Eingang zum Haus, den wir für die Grundleitungen herstellen konnten, ohne den kompletten Keller zu ruinieren - und damit meine Vision von einem gemütlichen Kinoraum im alten Gewölbe. Mit ihrem Stahlkern war die Treppe aber definitiv kein Original und demnach konnte ich mich dann schließlich mit ihrem Abriss doch noch anfreunden (das Portmonee weniger!). Im Gegenzug haben wir durch die Arbeiten ein vorher verschüttetes Kellerfenster freilegen können. Und so hat alles seine Vorteile!
Und just in dem Moment, wo ich dachte, dass wir doch endlich mal mit den Abrissarbeiten fertig sein müssten, bekomme ich vom Schornsteinfeger die Hiobsbotschaft, dass die existierenden Schornsteine auf keinen Fall abgenommen werden können. Kein Ausbessern, keine Reparatur wird zugelassen - die Schornsteine müssen komplett raus und neu gebaut werden.

Eigentlich sollte die Ferienwohnung einen kleinen Kaminofen bekommen, damit sie auch zur kälteren Jahreszeit einen gemütlichen Rückzugsort bieten kann. Nachdem sich die unerwarteten Kosten aber zu stapeln begannen, musste ich erstmal Abstriche machen. Die Schornsteine wurden entfernt, aber der Neubau muss warten. Sobald die Renovierung der zweiten Gebäudehälfte ansteht, bekommt unser Bauernhaus auch wieder Schornsteine. Und für die Ferienwohnung wird sich ein Plan B finden müssen - vielleicht mit Bio Ethanol?
Das einzig Gute am fehlenden Schornstein ist, dass dadurch im Inneren des Hauses sehr viel mehr Platz entsteht. Selbst wenn wir einen neuen Schornstein bauen, bleibt durch die schlankere Bauweise, die heute möglich ist, mehr Wohnraum erhalten und damit mehr Bewegungsfreiheit im zukünftigen Flur der Mietwohnung.
Und wieder ein Silberstreif am Horizont...
Aber auch ein wenig Aufbau!
Zum Glück haben wir im 3. Quartal nicht nur abgerissen, sondern auch beim Aufbau ging es fleißig voran. Nachdem wir den zentralen Wohnraum priorisiert hatten, um einen rechtzeitigen Einbau der Küchenzeile zu ermöglichen, mussten natürlich die anderen Zimmer nachrücken. Auch hier wurde gedämmt, Estrich gegossen, Fußbodenheizung verlegt und Trockenbau errichtet, um das neue Bad zu kreieren.

Ursprünglich war für das Bad eine freistehende Badewanne vorgesehen. Dann stellte sich aber heraus, dass die alten Türen unglaublich viel mehr Platz benötigten, als ursprünglich geplant. Ich hatte es geschafft, alle Türen, die ursprünglich im Haus waren, auch in der renovierten Wohnung wieder zu verbauen - warum neu kaufen, wenn alles schon vor Ort ist? Und dank der überproportionalen Dimensionen (im Vergleich zum modernen Äquivalent!) sehen alte Türen doch immer besser aus als neu.
Dann kam aber die Überraschung - zwar hatte ich die Breite der Tür an sich bei der Planung berücksichtigt, nicht aber die zusätzlichen Zentimeter, die es brauchen würde, um auch die Türverkleidung wieder einbauen zu können. Und 10cm hin oder her können manchmal einen enormen Unterschied machen. So auch hier. Um der Schlafzimmertür genügend Platz einzuräumen, musste die Wand ein Stück weichen, was wiederum die Größe des Badezimmers reduzierte. Dadurch fühlte sich dieser Raum plötzlich nicht mehr großzügig und luftig an, sondern klein und voll gestellt. Einzige Lösung? Die Badewanne musste raus. Lieber ein Raum mit großer Dusche und viel Bewegungsfreiraum, als einer mit Badewanne, bei dem man das Gefühl von Tetris nicht los wird.
Natürlich hatte ich die Wanne schon bestellt, und geliefert worden war sie auch schon! Nun hält sie im Stall Winterschlaf und wartet geduldig auf die Fertigstellung der nächsten Ferienwohnung.
Adieu lieber Walnussbaum
Kein Quartalsrückblick wäre vollständig, ohne das Drama Walnussbaum anzusprechen. Da denkt man an nichts Böses und plötzlich fällt ein Baum um. Gerade am Vortag hatte ich noch zum Maurer gesagt - "Du bist meine Augen und Ohren auf der Baustelle, wenn irgendetwas passiert, ruf an! Wenn ein Baum umfällt, ruf an!". Nein, im Ernst. Genau das waren meine Worte. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich (milde gesagt) dachte, er macht sich einen Spaß, als genau der Anruf am nächsten Tag kam.
Doch Spaß war es nicht. Tatsächlich hatte einer der alten Walnussbäume im Garten ohne Vorwarnung einen großen Ast verloren und dabei ein Kanu platt gemacht. Zum Glück kamen alle mit einem Schrecken davon und es gab keine gravierenden Verletzungen. Die freiwillige Feuerwehr war schnell zur Stelle, der Weg zum Plätlinsee wurde gesperrt und dank der Hilfe meines wundervollen Hausmeisters hatten wir schon am nächsten Tag jemanden vor Ort, der den jetzt instabilen Baum sichern konnte.
Aufregung vorbei, Wasserwanderweg wieder geöffnet. Schade um den großen Baum, aber wie man an den Fotos erkennen kann, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er von alleine das Zeitliche gesegnet hätte. So ist es für alle sicher und wir haben einen Vorrat an Brennholz (sobald wir die Zeit finden, die Baumreste zu zerlegen... 12 Monate später liegt er leider immer noch!).
Für alle, die es bis zum Ende meines Eintrages geschafft haben, gibt es noch ein kleines Video zur Belohnung. Die letzten aufregenden Sekunden im Leben unseres Walnussbaums:
Hiermit verabschiede ich mich aufs Erste und hoffe ihr hattet Freude an meinem kleinen Rückblick. Ich möchte keine Versprechen machen, wie lange der nächste Beitrag auf sich warten lassen wird (ich liege eh immer daneben), hoffe aber dass ihr ihn nicht verpassen wollt und in der Zwischenzeit den Newsletter abonniert!